Zitate / Gedanken / Bonmots (in Arbeit)

1. Gerhard Polt im Gespräch 

Gespräch mit Paul Jandl, abgedruckt in der NZZ vom 3. März (in Klammern Einwände / Anmerkungen): 

"Herr Polt, Sie haben kürzlich mit dem Vorschlag aufhorchen lassen, in den Schulen Schimpfen und Fluchen als Kulturtechniken zu unterrichten. War das ernst gemeint? 

In einem gewissen Alter beginnen die jungen Leute, andere zu ärgern, sich über sie lustig zu machen, Zerrbilder zu schaffen. Ich weiss, dass es Spass machen kann, zu schmähen. Das rhetorische Element wird heute überall vernachlässigt. Niemand weiss mehr, was Ironie ist und wie sie funktioniert. Die Leute können damit nicht mehr umgehen. Früher haben sie in ihren Verwünschungen unheimliche sprachliche Bilder geschaffen. Es braucht eine Rekultivierung der Beschimpfungskultur.

(Fehlender Humor, der Mangel an Polts angemahnter "Beschimpfungskultur" treibt uns zunehmend zur Verzweiflung; mich treibt es dagegen mehr und mehr zur Überzeugung, dass wir mit "unserer (westlichen) Lebensart" politisch wie gesellschaftlich zunehmend auf einem Irrweg befinden. Alternative Modelle wollen sich mir jedoch, mit Blick in die Gazetten, kaum aufdrängen. Ich sehe viel Stückwerk, wenig Erbauliches. Das Entwerfen neuer Utopien ist seit jeher beliebt, deren Verwirklichung früher oder später stets gescheitert, daher mitnichten als neuer "appatizer" tatsächlich gefragt.)

Weiter mit Polt:

Ihre Figuren sind Schwadroneure. 
Leute, die sich durch ihr Reden selbst verraten. Welche unerfreuliche Form des Menschlichen reizt Sie am meisten? 

Falsche Autorität! Bei mir ist das vielleicht genetisch. Meine Mutter war gegen die «Pfafferei» der Katholiken und gegen die Nazis, die ihr einen Teil des Lebens genommen haben. Komik unterwirft sich der Autorität nicht. Sie ironisiert sie."

Einspruch gegen Zeitgeist

Weiter mit Anmerkungen und Einwänden:
Mangel an Schalk, Ironiefreie Beschimpfungen scheinen uns einen Maulkorb umhängen zu wollen und lassen "harte Zeiten" noch härter werden. Ein politisches Motiv? Politisches Kalkül? Dummheit?

Oft denke ich deshalb darüber nach, wie ich mich (wir uns) aus dieser mir fremd gewordenen "Welt" zurück nehmen könnten, also quasi in selbstgewählte Utopie verwandeln zu dürfen; weiß allerdings nicht, wie  wir dies angehen sollten. Meine Ehegespons ist noch berufstätig, seit Beginn der Kampfhandlungen im alten Europa, das schon einmal weit friedlicher gestimmt war, merken wir in unserer Praxis einen deutlichen Rückgang bei der Nachfrage nach Therapie; die Leute müssen sparen. Die Hõhe der Energiepreise reisst uns hier in Österreich in Nöte, die uns recht defätistisch an die 20iger des vergangenen Jahrhunderts denken lässt. 

Wiederholt sich hier etwa Geschichte?

Ich halte jeden pauschalen Angriff auf die Religionen bzw. Konfessionen für überzogen und entsprechen (meiner Gesinnung nach!) zudem zu sehr aktuellem Zeitgeist. Allerdings will ich mich nicht ohne Not exponierten, indem ich deren "Bild", das sie uns bieten und das zeitaktuell unter Anklage steht, in einen rechten "Schein" zu ziehen versuchte. Will ich für mich hingegen die Auszeit nutzen, der ich mich für die Fastenzeit verschrieben habe, indem ich mehr nachzudenken versuche um weniger sprechen zu müssen. Eher Fragen über Umwege zu formulieren versuche, statt mich in etwaige "Auswege" gleich flüchten zu wollen. 

Fragen jedoch haben immer auch eine Richtung. Ich kann ohne Vorannahmen weder eine Frage formulieren, noch mit "Nichtwissen" fragen. Entsprechend "vorgestaltet" sind bereits Antworten "in mir selbst". Mir "Wesensfremdes" finde ich niemals bei mir selbst, nur eben dort. Das macht den Dialog auch so spannend, aufwühlend und bereichernd. Ich beziehe mich hier auf Ausführungen von Hans-Georg Gadamer "Wahrheit und Methode'.

"Starke" Argumente

Deshalb zunächst eine Behauptung: Als Bürger des Westens ergeht an uns der Ruf nach mehr Diversität. Dieses sehr moderne Credo unserer Zeit versucht - meinem Gefühl nach -  die Richtung bereits vor-zu-schreiben, noch bevor uns selbst klar werden kann, womit wir es zu tun bekommen, wenn wir das Ziel einst erreicht haben werden. Ich formuliere es bewusst stark: in meinen Augen handelt es sich um ein bewusst (Aussage)kräftiges "bullshit-Thema", das vom Ziel, das erreicht werden soll, ablenkt, damit es sich erfüllen kann! Daher wenig mehr als eine dürftige Ideologie, sie wird scheitern MÜSSEN, scheitern schneller noch als viele andere zuvor.

Nach dieser "starken" Behauptung offene Fragen.

1.) Wird mit Diversität nicht recht hilflos gefordert, was sich seit Beginn der Schöpfung ohnehin permanent entfaltet? Quasi wie aus einer mythischen  "Urzelle" heraus bereits seit langer Zeit diversifiziert hat?

2.) Verbirgt sich nicht hinter dem Ruf nach mehr Diversität ein Mangel an Gemeinsinn? Eine ganz bewusste Simplifizierung der sich sekündlich weiter differenzierenden Welt?

3.) Ist nicht der Unsinn um Gendergerechtigkeit Ausdruck einer weiter um sich greifenden Unsicherheit, die sich selbst in Ideologie ersticken wird?

4.) Unsinn wird medial orchestriert, weil uns ein zuverlässigen Kompass längst abhanden? Corona, Putins Krieg? Alles stimmt ein! Wir müssen kämpfen!  

Was steckt dahinter?

2. Weiteres aus meiner Sammlung

Gespräch zwischen Martin Schröder, Professor für Soziologie an der Universität im Saarland, und Birgit Schmid NZZ 2303310 "Der Opferstatus ist natürlich sexy"

Je freier Frauen und Männer sind, desto unterschiedlicher werden sie. Die Gleichberechtigung nimmt zu, die Gleichstellung ab. Können Sie das erläutern? 

Es ist egal, ob Sie sich Charaktereigenschaften anschauen oder die Berufswahl von Männern und Frauen: Diese unterscheiden sich umso stärker, je mehr Gleichberechtigung es in einem Land gibt. Das hat eine merkwürdige Folge. Frauen studieren am häufigsten MintFächer wie Mathematik, Ingenieurwissenschaften oder Naturwissenschaften in Ländern, in denen die Gleichberechtigung am geringsten ist, etwa in Algerien, der Türkei oder Saudiarabien. 

Das klingt paradox.

Ja. Und am häufigsten studieren Frauen typische Frauenfächer in den nordischen Ländern. Mehr Gleichberechtigung vergrössert die Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Also braucht es wieder mehr Zwang, die Leute trotz Unterschieden gleichzustellen. Gleichberechtigung und Gleichstellung widersprechen sich insofern.





"Fürchten wir uns tatsächlich so sehr vor dem Leben, dass wir uns mit aller Lust und Macht zu Tode pflegen?" g(e)rnst


Noch mehr: es gibt auch eine Verhärtung im Guten selber, im wirklich Guten. Weil man sich auf die Etablierung des Guten zu sehr versteift, wird das ursprünglich Gute weniger gut, und schließlich ist das starre Festhalten nicht nur ein Feind des Besseren, sondern wird zum Feind des Guten überhaupt“ (nach Josef Eger)


Meister Eckhart (ca. 1260–1327): »Gewöhnlich sagen wir, die Seele sei im Leib, während doch in Wahrheit der Leib vielmehr in der Seele ist und diese dem Leib das Sein gibt.

– Meister Eckhart: »Mein Leib ist mehr in meiner Seele, als daß meine Seele in meinem Leibe sei. Mein Leib und meine Seele sind mehr in Gott, als daß sie in sich selbst seien

Thomas von Aquin: »Die Seele ist im Leib als das Enthaltende, und nicht als das Enthaltene.

– So wie Gott in den Dingen als das Enthaltende ist.

– Vgl. Klaus Kremer, Gott und Welt in der klassischen Metaphysik (Stuttgart, 1969), 30–37


Matthäus 7,12 Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten.


Und mich ergreift ein längst entwöhntes Sehnen 
Nach jenem stillen ernsten Geisterreich, 
Es schwebet nun in unbestimmten Tönen 
Mein lispelnd Lied, der Äolsharfe gleich, 
Ein Schauer fasst mich, Träne folgt den Tränen,
Das strenge Herz es fühlt sich mild und weich;
Was ich besitze seh ich wie im Weiten, 
Und was verschwand wird mir zu Wirklichkeiten. 
Zueignung 25-32, Faust I

Das ıst der Weisheit letzter Schluss: 
Nur der verdient sich Freiheit wıe das Leben, 
Der täglich sie erobern muss. 
Und so verbringt, umrungen von Gefahr, 
Hier Kindheit, Mann und Greis sein tüchtig Jahr. 
Solch ein Gewimmel möcht’ ich sehn, 
Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn. 
Zum Augenblicke dürft’ ich sagen: 
Verweile doch, du bist so schön! 
Es kann die Spur von meinen Erdetagen 
Nicht in Äonen untergehn. 
Im Vorgefühl von solchem hohen Glück 
Genieß’ ich jetzt den höchsten Augenblick. 
Kurz vor der Grablegung Fausts im Großen Vorhof des Paläste 11574-11586, Faust II

Faust sinkt zurück, die Lemuren fassen ihn auf und legen ihn auf den Boden. 

MEPH. Ihn sättigt keine Lust, ihm gnügt kein Glück, 
So buhlt er fort nach wechselnden Gestalten; 
Den letzten, schlechten, leeren Augenblick, 
Der Arme wünscht ıhn festzuhalten. 
Der mir so kräftig widerstand, 
Die Zeit wird Herr, der Greis hier liegt im Sand. 
Die Uhr steht still - 

CHOR. ‘Steht still! Sie schweigt wie Mitternacht. Der Zeiger fällt. 

MEPHISTOPHELES. Er fällt, es ist vollbracht. 

CHOR. Es ist vorbei. 

MEPHISTOPHELES. Vorbei! ein dummes Wort. Warum vorbei? Vorbei und reines Nicht, vollkommnes Einerlei! 
Was soll uns denn das ew’ge Schaffen! 
Geschaffenes zu nichts hinwegzuraffen! 
»Da ist’s vorbei!« Was ist daran zu lesen? 
Es ist so gut, als wär’ es nicht gewesen, 
Und treibt sıch doch ım Kreis, als wenn es wäre. 
Ich liebte mir dafür das Ewig-Leere. 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Hochzeit Max&Nadine

Der Schleier des Nichtwissens; Bob Dylans lyrische Prophetie (i.p.)

Der Teufel fährt aus frauJEDERmann - und ist doch noch nur eine vage Idee vom Geschehen...