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Werden und Vergehen - Gedanken zur Zeit des Advent

"Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr gross.      Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren, und auf den Fluren lass die Winde los. Befiehl den letzten Früchten voll zu sein; gib ihnen noch zwei südlichere Tage, dränge sie zur Vollendung hin und jage die letzte Süsse in den schweren Wein. Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben." Mit dieser einerseits rührend melancholischen, andererseits den Blick darüber hinaus weitenden Dichtens an der Vergänglichkeit allen irdischen Seins, gelingt es Rainer Maria Rilke die Botschaften des Herbstes durch die besondere Rhytmisierung dieser Reime dem vermeintlichen Ende des Vergänglichen einen Impuls hin zu einer viel größeren Wirklichkeit hin zu öffnen.  Wir leben hier und jetzt in der Zeit und diese Zeit ist vergänglich, weil Teil der Schöpfung. Was aber "letzen Fr

Der Rosenkavalier - Komödie nach Hofmannsthal?

Lieber XXXXX, Der Rosenkavalier "aus unserer Feder" bekommt deutlich neue Wesenszüge. Das ist gut so und muss auch so sein. Dennoch gilt es gut abzuwägen. Wie bereits "angedroht" will ich noch einmal einen Schritt zurück in grundsätzlichere Überlegungen unternehmen. Deine Idee dem Stück einen neue, in der Jetztzeit spielende Anfangsszene zu schenken, halte ich weiterhin ohne Einschränkung für brilliant. Wir sollten deshalb die Möglichkeiten für unser Stück, die sich aus diesem Kunstgriff ergeben, versuchen noch weiter auszuloten. Aus zweierlei Gründen, die miteinander verschränkt sind und sich gegenseitig bedingen. 1.) Es wird deutlich, dass es sich nunmehr um eine zeitaktuelle Fassung des immerwährenden Spiels um die Darstellung gesellschaftlicher und persönlicher Machtverhältnisse und deren Auswirkungen auf uns als Wertegemeinschaft geht. Geht es denn jemals um etwas anderes im Theater? Die eigentliche Handlung des Rosenkavaliers dient uns somit im Wesentlichen nu