Die Jahre 28 - 34 (1985 - 1991)
Welche
Umstände dieses Zeitraumes waren es, die zur weiteren Lebenprägung als
bedeutsam zu nennen wären?. Ganz sicher das aufregende Leben in der
fassungslossen Insellage Berlins, als markwirtschaftlich orientierter
Stachel mitten im ideologischen Fleisch des sozialistischen Ostens,
dessen baldiges Ende bereits deutlich spürbar war. Wobei Wirtschaft und
Politik West-Berlins selbst großzügigst vom westlichen Bündnis
alimentiert waren. Dieses politische Pradoxon implodierte förmlich, gar
weitgehend friedlich, innerhalb weniger Monate 1989. Ein neues
politisches Zeitalter ist ganz plötzlich in jenen Tagen unvermutet
angebrochen. Das Nachtleben Berlins wurde innerhalb dieser Zeit weltweit
legendär. Politische Entscheidungen hechelten den Geschehnissen des
Berliner Alltags hinterher. Ausnahmen von einem noch zu instalierenden
Regelbetrieb gab es zuhauf. Wir jungen Archtekturstudenten waren
unverhofft hineingeworfen in den Nabel des Zeitgeschehens. Das Studium
war zwar neben diesem Zeitgeschehen irgendwie Nebensache. Dennoch mit
großem Interesse und zahlreichen durchgearbeiteten Nächten begangen.
Begleitet
war diese wunderbar freie Studienzeit - die ersten vier Semester wurden
von mir ohne Studienplatz als eine Art "U-Boot" im universitären
Betrieb absolviert - durch unzähligen Städte- und Länderreisen. Vor
allem die geschichtlichen Entwicklungen im Städtebau rückten mehr und
mehr in den Fokus meiner Betrachtungen. Stadtwanderungen das liebste
Fachgebiet für uns als moderne Flaneure. Längere Auszeiten im
Studienplan waren kein Hindernis und konnten rasch und unbürokratisch
nachgearbeitet werden.
Griechenland oftmals
das Ziel. Dort entflammte die Liebe, die noch wenige Jahre zuvor die
Atlantiküberquerung verhindern konnte, abermals. Ergebnis des wilden,
ungehemmten Treibens: Ein erstgeborener Sohn, in Berlin das Licht der
Welt erblicktend, jedoch bald darauf mit seinen Eltern und einer
weiteren Ausfertigung des Umbaus von einem in die Jahre gekommen
Lieferwagen zu mobilen Wohnzwecken im Alter von nicht ganz einem Jahr
den Landweg nach Griechenland wählend. Dort wurde er rasch mit seinem
weißblonden Haar als erster seiner Generation ein Liebling in der
Chronik eines typischen Kykladendorfes, erbaut aus strahlend weiß
gekalkten Häusern. Die Geschichten mit allen Begleiterscheinungen würden
dokumentiert die Chronik jedenfalls füllen.
Schließlich
stand aber die Diplomarbeit des ewigen Jünglings auf dem Tagesplan. Das
Thema wie das Paradigma seines Lebens: Städtebau für ein mobiles Lebens
in Städten und dörflichen Strukturen auf dem Land. Paradigmatisch
vergossen zu Planzeichnungen und großformatigen Modellbauten vom
griechischen Touristendorf und von der zu verdichtenden Großstadt.
Berlin-Ios.
In unseren Kreise erzählte man
sich damals, dass wohl der einzige Student, dessen Eltern nicht zur
Diplomvorstellung anreisten, jener Jüngling war. Nur erinnert sich
dieser nicht mehr daran, ob eine Einladung an die Eltern den weiten Weg
nach Österreich fand. Gleichwohl. Ganz sicher hätte er sich doch eher
dafür schämen müssen, mit einem Studienabschluss erst im reifen Alter
von 34,5 Jahren beschenkt zu werden. Oder aber sein nicht zu löschender
Stolz stand ihm weiterhin im Weg. Ganz wie der "gewöhnliche" weitere
Weg.
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