Ranner

Melitta und ich haben die Zeit der Ostertage genutzt, um unser Bemühen mit dem "Ranner" noch einmal klarer vor Euch, und auch uns selbst, darstellen zu können. Denn nach wie vor ist unser Interesse groß, am Ranner heimisch zu werden; und damit unserem Leben vielleicht noch einmal eine neue Wendung zu schenken. Die Nutzung des Ranners über eine typische Freizeit- und Urlaubsnutzung gar hinaus zu einem neuen Mittelpunkt für unseren Lebensabend?

Das alles hängt natürlich ganz von den Vereinbarungen ab, die wir miteinander im Einverständnis aushandeln können. Einfach wird es ganz sicher nicht.

Immerhin gibt es bereits Absichtserklärungen. Nicht sehr konkret, ausser der Tatsache, dass das "Gut am Berg dem Verfall preisgegeben ist" (Wolfgang Puchleitner), sofern es nicht bald wieder belebt und daher neu bewirtschaftet wird. An dieser Stelle darf gleich vorausgeschickt werden, dass es sich empfiehlt, den Aufwand zur Neubelebung des Ranners weit mehr zeitlich als lediglich monetär zu betrachten. Weiter unten dazu mehr.

Ich bitte Euch auch um Verständnis, dass ich weit ausholen werde, in der Hoffnung Euch die Überlegungen unsererseits besser verständlich machen zu können.

Das letzte Telefonat zum Ranner mit Euch vom 31. März hat unterschiedliche Reaktionen bei uns hinterlassen. Zunächst eine gewisse Enttäuschung darüber, dass von Eurer Seite, wie wir es verstanden haben, bestenfalls ein sehr kleines Budget für weit weniger "Infrastrukturmaßnahmen" eingerichtet werden kann, als in der Zwischenzeit einmal im Raum stand. Andererseits hat sich (für uns) an der Ursprungsfrage ja nichts geändert: es wird weiter darum gehen, einen seriöser finanziellen Rahmen zu verhandeln, mit dem die Sanierung des Ranners gesichert und der Hof für die kommenden Generationen nutzbar werden kann. Ansonsten droht der baldige und vollkommene Verfall.

Bei einer solchen Rechnung werden fällige Einnahmen auf der Eigentümerseite den Kosten für die zu erbringenden Bauleistungen auf Investorenseite gegenübergestellt und mit einer zu vereinbarenden Nutzungsform und Nutzungsdauer verrechnet und anschließend vertraglich fixiert.

Damit wir für ein nächstes Gespräch, das wir für Anfang Mai grob ins Auge gefasst haben, bessere Grundlagen zur gegenseitigen Abwägung erhalten, wollen wir, aus unserer Perspektive gedacht, Modelle für Verhandlungspositionen erstellen, die zunächst in aller Freimütigkeit und ohne Zeitdruck betrachtet werden sollten.

Aus unserer Sicht böten sich vorerst drei grundsätzliche Optionen an, die wir aus unseren bisherigen Gesprächen destillieren konnten. Zugrunde gelegt werden, überschlägig aber sehr großzügig ausgelegt, Investitionen in einem Wert von insgesamt ca. € 180T, um den Ranner überhaupt ganzjährig bewohnbar zu machen, etwa hälftig für 1. Infrastrukturmaßnahmen (Erschließung, Strom, Wasser, Abwasser, Heizung) und hälftig für 2. Baumaßnahmen (Sanierung bzw Erneuerung Dach, Wände incl. Trockenlegung, Böden, Zwischendecken sowie weiteren Innenausbau und Umbauten Sanitär).

1.) Pachvertrag

Ein Pachtvertrag, dessen Laufzeit mit der Höhe der zu erbringenden Baukosten verknüpft und zugleich in Verhältnis mit der zu erbringenden Pacht gesetzt wird. In einer ersten Annäherung sind wir unsererseits von Investitionen von ca. € 90T ausgegangen für Aufwendungen aus Punkt 2 (s. oben) über eine Laufzeit des Pachtvertrags über die kommenden 30 Jahre. Dem standen Aufwendungen eigentümerseits von ebenfalls € 90T gegenüber, die über eine monatliche Pacht in der Höhe von € 250 zzgl. eines Betrags für Ersparnisse aus Investitionen in nachhaltige Energien (deren Höhe noch ermittelt werden müsste) abgegolten würde. Das übergeordnete Prinzip des Aufwandes (ohne Berücksichtigung von Zins und Zinseszins): Wertsteigerung der Liegenschaft mit dem Nutzen weiterer externer Einkünfte oder zur Selbstnutzung eigentümerseits. Die Wertsteigerung ergibt sich ideel aber auch rein betriebswirtschaftlich betrachtet aus dem Restwert der getätigten Investitionen nach 30 Jahren unter Berücksichtigung der gängigen Wertabschreibungen von Bauwerken und deren Bestandteile.

Nun stehen dem aber noch die Aussagen unseres letzten Telefonats entgegen. Sollten ebenfalls Teile der Aufwendungen aus Punkt 1 von uns erbracht werden müssen, sagen wir etwa € 60T, müsste sich in dieser Rechnung die von uns zu erbringende Pacht aliqod um 66% reduzieren.

Bei Aufnahme eines Kündigungsrechts in den Vertrag würde sich in gleicher Gestalt die Restwertberechnung nach den zum Zeitpunkt der Kündigung "abgewohnten" Abschreibungshöhen richten. Hier droht jedoch eine gewisse "Ungleichheit", die wir deshalb deutlich zum Ausdruck bringen wollen. Weiter oben war die Sprache vom "Wert" auch einer zeitlichen Betrachtung des Unterfangens. Es scheint klar, dass wir als "Erbringer" von (planerischen, finanziellen wie körperlichen) Bauleistungen mit dem Ranner über unser "Herzblut" verbunden sein werden, ja sein müssen. Über Herzblut, das "Identität" mit dem erbrachten Werk verschafft. Und Identität benötigt Zeit, bis sie wirken kann. Deshalb war uns der Zeitraum für die Pacht von 30 Jahren so wichtig, ohne tatsächlich zu wissen, ob uns überhaupt noch so viel Zeit geschenkt ist; ich zähle immerhin bereits 65 Lenze!

In Mietverhältnissen von Objekten wird dem Nutzer vom Eigentümer die Sicherheit geboten, für den vereinbarten Zeitraum von existentiellen Überraschungen wie vorzeitiger Kündigung geschützt zu sein. Vom Nutzer wird diese Sicherheit quasi mit dem verhandelten Mietpreis, die er dem Eigentümer des Objekts schuldet, "erkauft". So erscheint das Recht auf vertraglich vereinbarte vorzeitige Kündigung seitens des Eigentümers zwar auf dessen Seite ebenfalls als Sicherheit, die er dann aber nach dem "Gleichbehandlungsprinzip" dem Erbringer der Leistung aus Herzblut und Finanzmitteln ebenso schuldete. 

Wenn wir den Ranner in ein Miet- oder Pachtverhältnis setzen, dann benötigen wir als Mieter Sicherheit über einen Zeitraum, bei dem sich Herzblut und finanzieller Aufwand lohnen. Auf der anderen Seite verpflichtet sich dafür der Mieter dem Eigentümer nach der vereinbarten Laufzeit zur Vertragserfüllung das Objekt im Restwert nach bestem Wissen und Gewissen wieder vollständig zu übergeben. 

All diese Überlegungen führen daher zu einer weiteren Möglichkeit der Vertragsgestaltung.

2. Baurechtsvertrag

Als Alternative stünde im Abschluss eines sogenannten Baurechtsvertrags zur Verfügung. Soweit wir diesen korrekt interpretieren, dann sind hier die Rechte der Eigentümer und der Nutzer der Liegenschaft rechtlich klarer getrennt. Das Baurecht wird sozusagen vollständig dem Nutzer, quasi als "Eigentümer des Bauwerks auf Zeit" gemäß Rechtsgültigkeit des Vertrags überantwortet. Grund und Boden bleiben vollständig im Besitz der Eigentümer. Wertberechnungen sind ähnlich wie bei Pachtverträgen anzustellen. Nähere Infos unter https://www.wko.at/service/wirtschaftsrecht-gewerberecht/Bauwerke_auf_fremdem_Grund.html.

Vermutlich wäre es für alle Beteiligten am besten, zur weiteren Klärung dieser Zusammenhänge die beratenden Leistungen eines vereidigten Notars in Anspruch zu nehmen, der unser aller Bedenken und Sorgen ein wenig einhegen hilft.

3.) Verkauf der Liegenschaft mit Rückkaufsrecht

Auch diese Vereinbarung hätte für beide Seiten gewisse Vorteile. Mit dem Verkauf würde der Erlös nicht periodisiert, sondern ist für den Verkäufer im gesamten Wert sofort verfügbar. Dem Käufer dagegen obliegen die Abgeltung des Kaufpreises sowie sämtliche bautechnischen und eigentumsrechtlichen Pflichten. Dem Verkäufer bleibt durch das vertragliche Recht auf Rückkauf die Möglichkeit auch in Zukunft am Werterhalt der Liegenschaft zu profitieren. 

Der Blick in die Zukunft bleibt uns verschlossen. Nicht alles ist vorhersehbar, so sehr wir dies auch wünschten. Was wissen wir, was in 30 Jahren einmal sein wird? Wissen wir doch schon recht wenig über die kommenden 10 Jahre hinaus.

Hat uns nicht die Sorge und das Wohl vom Ranner zusammengeführt? Weshalb sonst sollten wir so viele Überlegungen anstellen? Noch wissen wir recht wenig voneinander. Jedoch haben wir jetzt die Möglichkeit einen Teil unserer Geschichten, und der unserer Kinder womöglich auch, miteinander zu verknüpfen. Wenn Melitta und ich an den Ranner denken, dann können wir uns sehr gut vorstellen, unser Leben dort gütig zum Abschluss zu bringen. Ob uns tatsächlich noch 30 Jahre dafür bleiben? Wir bitten Euch zu prüfen, ob ihr gewillt seid, uns die Obsorge für den Ranner für eine ungewisse Zeit zu überlassen. Nicht um ihn zu verlieren, sondern ihn mit Herzblut erhalten zu wissen!

Ich hatte schon früh während meines Architekturstudiums den Traum von einem lebendigen, "atmenden Haus". Ich hatte diesen Traum nie umsetzen können (kann ein Haus ein lebender Organismus sein?), aber auch nie von ihm lassen können. Am Ranner scheint dieser Traum plötzlich wieder real zu werden. Wenn wir tatsächlich zueinanderfinden sollten, dann beabsichtigen wir dem Ranner neuen Atem zu geben. 

Der Traum geht so: Als erstes wird der Wald Richtung Sonne freigeschlagen (bis zum Forstweg und den Hang hinunter bis zu den Baumgipfeln, die dem Haus selbst im Winter Licht und Energie von der Sonne direkt verschafft. Sodann ist die Einrichtung einer kleinen Wohneinheit von 50-60qm geplant, die in den Wintermonaten rasch und ohne großen Energieaufwand behaglich warm gemacht werden kann. Die Sanierung der übrigen Flächen wird zunächst nach hinten verschoben um Kosten und Aufwand überschaubar zu halten. Zwei Varianten kommen unserer Einschätzung nach für die Wohneinheit "als eine Art Haus im Haus" in Frage:
 a) als Dachausbau:  das Dach wird neu eingedeckt und mit einer Dachgaupe nach Süden und der Giebel talseitig mit einer Fensteranlage zum Licht hin geöffnet. Das neue Dach soll für die nächsten 100 Jahre Schutz vor Regen und Schnee gewährleisten. Der Zugang der Wohneinheit erfolgt über den Hintereingang vom ehemaligen Parkplatz her, der neu gestaltet und angelegt wird.
b) mit der Errichtung eines kleinen Holzvorbaus nach Süden vor dem Stallgebäude links neben dem vorhanden Hauszugang, der durch große Fensterflächen im Winter die Sonnenwärme "einfängt" und zusammen mit den dahinterliegenden Räumen wie bei "Alternative a" eine kleinere Wohneinheit vorsieht, mit dem Vorteil einer raschen Aufheizung auch im Winter. Skizzen und erste Entwürfe liefere ich bei Interesse gerne nach.

Die großen Flächen im Ober- und Untergeschoss werden gesäubert und vorerst nur in der warmen Jahreszeit oder bei Festtagen in Nutzung genommen. In den Sommer hinein erweitert das Haus durch die Art seiner Nutzung gewissermaßen seine "Luftkapazität", indem es, bildlich gesprochen, kräftig "Luft holt" für den folgenden Winter, in dem es mit der sommerlicher Wärme eingeatmeter Luft im Winter eine Ruhepause einlegen kann, bevor der nächste Zyklus beginnt. Und mit jedem folgenden Sommer wird ein weiteres Bauteil trockengelegt, umgebaut, ausgemalt, mit ausgewählten Mobiliar und in neuem Licht eingerichtet. Im Winter wird geplant, im Sommer mit Muße und Vorsicht gewerkelt. Nach zehn, fünfzehn Jahren wird das "Gut am Ranner" in Frieden und Wohlgestalt vielen weiteren Jahren ins Auge schauen können.

Diese sehr poetische Beschreibung über die Neubelebung des Rannerguts soll zum Programm werden für eine nachhaltige und uneitle Lebensweise dort oben im Wald, auf der Lichtung über dem Tal, eingebettet in den Atem immerwährender Natur, der unser aller Lebensgrundlage vom Beginn bis zum Ende aller Zeiten sein wird.

Letztendlich bleibt es ganz einfach: indem wir am Ranner in aller Phantasie und Kreativität schaffen, wollen wir nichts weiter als der Einzigartigkeit dieses Ortes gerecht werden.

Und so sollte sich in den nächsten Monaten innerhalb eines ergebnisoffenen Prozesses herausstellen, ob die vielen Hürden aus Bedenken von Erbschaften, finanzieller Ressourcen und letztlich vom Vertrauen in eine unbekannte Zukunft umschifft werden können, damit uns der "Ranner" gelingt. Auch wir stehen vor ihm mit vielen Fragezeichen und mit der Furcht einer großen Kraftanstrengung zurück ins Steirische auf den Hof vom Ranner.

Es gibt eine weitere Zeitabhängigkeit. Ich bin dabei, meine Immobilie in Berlin zu veräußern will dazu noch Sanierungsarbeiten planen und koordinieren, die sich ggf. sogar ins kommende Jahr erstrecken werden. Spätestens im Frühjahr 2023 soll dort alles seinen Abschluss gefunden haben.

Wir versuchen stets einen positiven Blick in unsere Zukunft zu behalten. Das Motto könnte lauten, wie es uns vom Zöscher Stephan einmal zugetragen worden ist: ""Wenn es dort ihnen (den Bewohnern des Hofes, Mensch und Tier) gut geht, dann geht es (dem Hof und mir als seinen Eigentümer selbst) auch gut"

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