Angst und Autorität

Einmal sagtest Du zu mir (in ungefähr diesen Worten): "Papa, es war nicht leicht für mich, als deine Tochter. War Zorn auf deinem Gesicht, war es zum Fürchten. So wurde es zu meiner Angewohnheit, Dein Gesicht immer lesen zu müssen. War auf ihm Frieden, dann galt dieser Friede auch mir!"

Als ich diese Botschaft vernahm, Du warst bereits spät in deinen Zwanzigern, da erschreckte sie mich sehr. Mir war nicht bewusst, wie heftig meine Stimmung damals zum Gradmesser deiner Zuwendung für mich werden musste. Es gibt keine Entschuldigung dafür; hätte ich es doch wissen müssen! Ging es mir doch ganz genauso so, als ich noch selbst Kind war. Der Zorn des Vaters, die physische Bedrohung, die sich hinter seinen Falten im Gesicht abbildete, sie ist mir jetzt noch, wo ich mich selbst dem hohen Alter nähere, allgegenwärtig. Nicht, dass sie sich weiterhin vor mir noch aufbaute; aber sie hat ihr Abbild, damals als ich noch Kind war, in mir errichtet. Die Androhung zur Ermächtigung über unsere physische Unversehrtheit, die ich, die Du, meine geliebte Tochter, die die meisten Kinder in ihren Familien mit einem Vater als Oberhaupt, über sich ergehen lassen müssen, schreibt sich in unsere Seelen hinein. 

Neu ist sie nie; sie ist seit Generationen fester Bestandteil jeglicher Beziehungsdynamik zwischen Eltern und ihren Kindern. Väter stehen dabei häufiger am Pranger, ihre tiefere Stimme trägt das Vergehen bereits ein wenig in sich. Eingeübt und wiederholt von Generation zu Generation. Der Pater familia wurde zum Vater im Himmel, der nicht nur gütig in guten Stunden, sondern unnahbar und kriegerisch in seinen Avancen, vom Zorn gestimmt, die Himmel seit Ewigkeit beherrscht uns sie erfüllt. Diese Himmel erstecken nicht nur "über" uns hinaus, sie sind mitten in unseren "Herzen". Ihre "Heerscharen" bevölkern mit den ihnen zugeschriebenen Leidenschaften unsere seelische Landschaften, wie sie in den griechischen Mythen den Olymp bewohnen.

Meine Tochter, glaube mir, die "Himmel" sind mächtiger als wir selbst. Bald einmal wirst Du mir Enkelkinder schenken, wie ich es mir für Dich selbstvwünschte; auch deine Leidenschaften werden dein Kind nicht unbeeinflusst lassen. Auch sie werden Stimmungen lesen und darüber vermutlich selbst bald in "Gut und Böse" unterscheiden lernen; sie werden darüber ihre Unschuld verlieren müssen, wie ich, dein Vater und Du meine Tochter. Trösten wir uns! Nicht der Zorn wird unsere Beziehung bestimmen. Die Liebe, die Zuneigung, die Sorge um uns; sie werden uns (gottgefällige) mores lehren.

Ganz in der Art, wie es in unseren Heiligen Schriften im Psalm 131 besungen wird:

Geborgenheit in Gott

1 Ein Wallfahrtslied. Von David. HERR, mein Herz überhebt sich nicht, nicht hochmütig blicken meine Augen, ich gehe nicht um mit großen Dingen, mit Dingen, die mir nicht begreiflich sind. 2 Vielmehr habe ich besänftigt, habe zur Ruhe gebracht meine Seele. Wie ein gestilltes Kind bei seiner Mutter, wie das gestillte Kind, so ist meine Seele in mir. 
3 Israel, warte auf den HERRN von nun an bis in Ewigkeit!


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