Weint die Liebe Gottes? - in Reflexion

Und die Liebe weint. Sie ist unser Schicksal. Unabhängig davon, ob man als Mensch glaubt, dass Gott alles bestimmt, ob Gott ein tätiges Mysterium ist, dessen Tat uns nur nicht aufscheint, oder ob man dahinter lediglich Aberglauben vermutet und sich hingegen einer menschlichen Vernunft im Wissen der Naturwissenschaft oder Philosophie zuwendet, es bleibt immer etwas stehen, über das sich lediglich ein Nihilist hinwegsetzen könnte; das Schicksal der menschlichen Natur und der sich in ihr konstituierenden Gemeinschaft jeglicher Größe. Alles Wirken, alles Walten, jede Macht, jedes Schicksal auf Erden ist dem menschlichen Sein unterworfen. Der Psalmist refkektiert diese Wahrheit unter anderem im Rezitieren der Weisheit aus Psalm 8. Darin heißt es in den Versen 5 bis 9:

"Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, / des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?
Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, / hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.
Du hast ihn als Herrscher eingesetzt über das Werk deiner Hände, / hast ihm alles zu Füßen gelegt:
All die Schafe, Ziegen und Rinder / und auch die wilden Tiere,
die Vögel des Himmels und die Fische im Meer, / alles, was auf den Pfaden der Meere dahinzieht."  
 
Heutzutage müsste man diese derart poetischen, ein wenig einfältigen Worten, der die Verantwortung des Menschen über Gottes Schöpfung bzw. die Natur in ihrer natürlichen Ordung, in die des Menschen noch nicht in großem Maßstab eingegriffen hat, um mannigfaltige Begriffe erweitern. Zu weitreichend sind die Konsequenzen aus dem umtriebigen Schaffen des Menschen, die der natürlichen Ordnung eine kreatürliche Ordnung aufgezwungen hat. Das ist per se nicht schlecht zu bewerten und, will man den Worten des Psalmisten Glauben schenken, durchaus im Sinne des Schöpfers, der sein eigenes Imago auf Erden "als Herrscher eingesetzt (hat) über das Werk (s)einer Hände, (und) ihm alles zu Füßen gelegt (hat)."

Dem Menschen, der gesamten Menschheit, ist die Schöpfung also anvertraut. Unabhängig davon, ob man bei der Schöpfung an etwas aktiv Geschaffenes denkt, oder etwas aus kosmischen Gesetzmäßigkeiten oder nur Zufälligkeiten Enstandenes. Dieses Enstandene oder Geschöpfe folgt strengen Gesetzmäßigkeiten, die von den Wissenschaften auf Kohärenz untersucht wird. Nach mehreren Millenien von codifiziertem Wissen und einem halben davon strenger naturwissenschaftlicher Bemühungen wird deutlich - das Gegenteil lässt sich bislang nicht beweisen -, dass Wissen noch niemals eine statische Größe war, sondern dynamischen Erkenntnusprozessen unterworfen ist. Eine Analogie zum natürlichen Leben, dass sich auf der Erde über ihre Geschichte hin zeitlich entwickelt haben muss.

Es gibt zwar eine bereits im griechischen Hellenismus formulierte Hypothese der Panspermie, dass also Leben bereits im Weltraum entstanden sei und von dort aus unsere Erde besiedelt hätte, aber noch ist lediglich die Möglichkeit aufrecht, weiteres Leben in der (relativen) Unendlichkeit des Alls nicht per se auszuschließen. In diesem Zusammenhang könnte man auch die mythische Verehrung des in die östlichen Ecke der Kaaba eingelassenen schwarzen (Meteoriten)Steins deuten, von der aus die rituelle Umrundung der Gläubigen ihren Ausgang findet. 

Der springende Punkt, der hier behandelt werden soll, ist der Gedanke, ob nicht die Natur, ob von einem Schöpfer ins Leben gerufen, oder auch nicht, von ihrem Wesen her, das heißt von den ihr eingeschrieben Gesetzmäßigkeiten her, eine nicht zu übertreffende Perfektion aufweist. So sehr wir uns auch Bemühen, Kopien vom Leben zu entwickeln, eigenes Leben durch Eingriffe in natürlich entfaltete Keimbahnen zu kreieren; im Vergleich zur vorgefundenen Natur erweisen sich alle diesbezüglichen Versuche trotz ihres raschen Ganzes bis anhin - schmerzhaft und glücklicherweise? - als sehr begrenzt wirkende Stümperei. 

Aber was erwarten wir? Im Vergleich, in dem sich das Leben auf der Erde als "autopoetischer" Prozess über immense Zeitdimensionen entfalten konnte, in der sich der Mensch im zeiträumlichen Verhältnis innerhalb einer Sekunde aus dem Staub erhoben hat; was erwartet sich der Mensch? Das Leben ein Baukasten, aus dem das Menschenkind seine Idealwelt mit Eimerchen und Schäufelchen in den Sand setzt? 

Im von ihnen selbst postulierten Anthropozän scheinen wir Menschenkinder ihr Werk tatsächlich in kürzester Zeit triumphal in den Sand setzen zu wollen, müsste lakonisch, wenn nicht gar sarkastisch bilanziert werden. Je nach Anschauung fällt die Zwischenbilanz zumindest fragwürdig aus. 

Wäre es nicht für jeden Einzelnen wie auch für die Menschheit als Ganzes an der Zeit einmal innezuhalten und abzuwägen, welche von Menschenhand in Gang gebrachten Prozesse zum Wohl der Schöpfung, für alle Lebewesen, heilvoll sind und welche ihr eher abträglich erscheinen? 

Ein kurzer Blick in die Vergangenheit weist den Weg in die Zukunft. Nicht alles war schlecht und nicht wenig davon war gut und sollte uns grundsätzlich zu mehr Mut für eine positive "Weltschau" auffordern. 

Es geht hier nicht um Details. Es geht ums große Ganze. Der französische Denker, Naturwissenschaftler und Philosoph Blaise Pascal bot der Welt vor bald einem halben Millennium eine später nach ihm selbst benannte Wette an: die Pascal'sche Wette https://de.m.wikipedia.org/wiki/Pascalsche_Wettehttps://de.m.wikipedia.org/wiki/Pascalsche_Wette

In ähnlichem Verständnis könnte man heute eine neue Wette anbieten. Der naurwissenschaftlichen Vernunft nach wäre diese eine Wette "against all odds". Der Spieleinsatz dieser Wette weist gemäß ihres Inhaltes eine ähnliche Fallhöhe auf, wie die Wette Pascals. Die Wette lautet:

Das Vertrauen in die moderne Naturwissrnschaft wird einst dem Vertrauen in die natürliche Schöpfung, der wir sie seit Menschengedenken Widerstand leisten, Abbitte leisten. Allein aus raumzeitlichen Gründen wird die Menschheit demnächst erkennen, dass sich allein in der Natur ein einmaliges Reservoir an Selbstäquilibrierung findet, deren Maß stets größer sein wird, als das Maß menschengemachter Interventionen. Asymtotische Annäherung scheint sehr wohl möglich, niemals jedoch das Ziel Gottgleichheit herstellen zu können. Der oben zitierte Psalm führt uns das deutlich vor Augen: "Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott." Wächst die Begehrlichkeit, wird Züchtigung folgen. Es täte der Menschheit gut - und es ist wahrlich an der Zeit - , die Macht des Alls in der Liebe Gottes zu akzeptieren, um sich in das Wohl der Schöpfung neu einzubinden... 

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