*Unfertiger Entwurf* - KenoTherapie - Versuch einer Begriffsabgrenzung

Das Wortpaar "Keno-Therapie" findet seinen Ursprung in zwei Begriffen aus dem Altgriechischen. Der eine, Therapie (altgriechisch θεραπεία therapeia „Dienst, Pflege, Heilung“ - siehe https://de.m.wikipedia.org/wiki/Therapie), ist weithin geläufig. 

Der andere - und in unserem allgemeinen Verständnis nicht leicht zu fassende - Begriff "Keno" leitet sich von Kenosis (κένωσις, griechisch für „Leerwerden“, „Entäußerung“) her. Dazu später mehr. 

Sehr allgemein, weit gefasst und abstrakt formuliert, ist jeglicher Therapie das Bestreben zu eigen, Dysbalancen innerhalb lebendiger Systeme zu erkennen, zu behandeln und in neu "gewichtete" Zusammenhänge zu stellen. Lebendigen Systemen wurden bereits im Altertum nicht nur leiblich-körperliche, materielle sondern auch geistig-spirituell seelische Attribute zugesprochen. Nach diesen Vorstellungen ist der Materie durch die Seele Leben eingeschrieben, quasi "eingehaucht" De anima (lateinisch; altgriechisch Περὶ ψυχῆς Perí psychḗs, deutsch „Über die Seele“ - Schrift von Aristoteles). Solches "Denken" entspringt selbstverständlich "menschlichem Fühlen", weil eindeutige Beweise für die Existenz von Seele lassen sich naturwissenschaftlich nicht verifizieren. Jedoch lässt sie sich als eine Art anthropogische Konstante sehr wohl definieren, da sich in dieser alle gesammelten Narrative bisherigen Menschengeschehens in hoher Kontingenz widerspiegeln. Einfacher ausgedrückt: sie ist nicht abstrakt, sondern höchst konkret und vieldeutig und manifestiert sich in menschlichem Empfinden und in der Gesamtheit seiner unfassenden Ausprägung. 

Je offener nun die Thereapieform in ihrer Herangehensweise, aber auch das "Ziel' betreffend, angelegt ist, desto größer erscheint - zunächst theoretisch - der mögliche Erfolg. Und auch nur dann, wenn die Tgerapie ihrem Kern entspricht: Dienst, Pflege, Heilung an uns Menschen zu sein. 

Menschsein heißt Begegnung. Im "Einander Begegben" erfahren wir zutiefst und zuvorderst unser Menschsein. Nicht in der Zahl der Begegnungen, sondern in der Tiefe der Begegnung. Rührt sie uns an? Wandelt sie etwas in uns? Lassen wir uns in ihr verwandeln? 

Damit dieses an sich einfache und bescheidene "Ereignis" auch tatsächlich im Blick bleibt, scheint aber noch etwas vonnöten. Ein kleines, in naiver Anmutung gefühltes a priori. Es geht um das Wesen des Menschen. Ist es "gut"? Will es "das Gute" (am Menschsein) in den Blick bekommen? Darf unser Leben "gut" sein? (Diese Frage berührt übrigens unmittelbar unser Gottesverhältnis; ist also eine Frage nach unserer Moral). 

Bereits in der aristotelischen Ethik wird dem Begriff "des Guten" to agathón nachgespürt. Das Gute "hervorzubringen" wäre demnach eine wesentliche Eigenschaft von Menschen, eine im Wesen des Menschseins angelegte (im Christentum wird sie als "geschaffene" benannt) „Tüchtigkeit“ aretḗ. Dieses Apriori bildet quasi den Grund für das Menschsein als solches. Immanuel Kant formulierte daraus seinen "kategorischen Imperativ" als Ziel allen ethischen Handelns. 

Menschsein bedeutet aber auch, wie in den alten Erzählungen mit der Vertreibung aus dem Paradies beschrieben, eine Unterscheidung zwischen "Gut" und "Böse". Wohl kaum jemand würde ernsthaft bestreiten wollen, dass auch er/sie in diesen Kategorien gedacht hat oder dann und wann weiterhin denkt, und mit diesen richtet und urteilelt, unabhängig davon ob dieses "Wissen" aus religiösen Wurzeln entanden ist oder agnostische bzw. atheistische Züge trägt. 

Vorgenanntes erklärt sich aus einer einfachen Kohärenz: ohne das Streben nach "Beglückung aus dem Guten" wäre jede Therapie an sich sinnlos. Wozu etwas Suchen Ändern, Verbessern, wenn es keine tiefe Sehnsucht nach so etwas wie Heilung gäbe? 

Aus dem bisher gesagte findet sich auch der Zugang zum Begriff der kenosis. Ob er sich auf fernöstliche Philosophien bezieht oder auf abendländischer Rezeption beruht: Vor neuer "Erkenntnis" scheint stets ein Impuls zur (völligen) "Entleerung" des Bekannten notwendig. Nicht um das "Bekannte" zu verlieren, sondern eher im Bekannten "Neues" zu entdecken. 

Wieviel "Glaubenssätze" schleppt ein jeder von uns durch sein Leben? Unhinterfragt, bedingungslos, ohne tatsächliche Bewusstsein und "Wissen" über Ursprung und Ziel des Glaubenssatzes? Selbstverständlichkeiten, die wir, ohne je ihrem Sinn zu überprüfen, dahersagen, so lange, bis sie zu Wahrheiten werden? Zu der von uns selbst angeigneten Wirklichkeit? Sie müsste ja nicht einmal "verkehrt" sein, aber wohin will sie uns führen? 

Therapie versucht all diese "Wirklichkeiten" in neue Zusammenhänge zu stellen. Die vielen Glaubenssätze werden quasi lediglich in ihrer "Erzähltradition" durchforscht, damit sie in ihrer wichtigen Bedeutung und Funktion frei werden und uns somit leichter tragen und gütlicher einhegen. 

Das wirklich Erstaunliche aber ist: alles ist in uns, im Menschsein, bereits vollumfänglich angelegt. Alles notwendige ist vorhanden, verbleibt nur allzuoft im Dunklen. Vielleicht verdeutlicht folgender Text in seiner radikal körperlichen Dimension, wie sehr seelisches mit körperlichem in Abhängigkeit stehen und zu einer besonderen, individuellen Ausprägung führen können:

Das Licht der Welt 

In den Wochen meiner Erblindung habe ich nie über meinen Konfirmationsspruch nachgedacht. Sobald mein Augenlicht dann aber restlos verschwunden war und mein Spiegelbild auf Nimmer-Wiedersehen zu einer Vergangenheit gehörte, fiel er mir wieder ein. »Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis bleiben, sondern wird das Licht des Lebens haben.« War das ein hellseherisches Lebensmotto für eine Theologin, die exakt an ihrem dreißigsten Geburtstag aus der Dimension des sichtbaren Lichts geworfen wurde ...? Das Licht des Lebens ist kein optisches, sondern ein existenzielles Phänomen. Es kann nicht von Sehnerv und Netzhaut in Bilder verwandelt werden, sondern muss vielmehr durchwandert, durchlitten, eingeatmet, gespürt und mitgefühlt, schließlich auch gedeutet werden. Zugegeben: Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich solche Unterschiede tröstlich finden konnte. »Nichts!«, so nannte ich das Chaos um mich herum. Dennoch: Dieses Nichts ist nicht nichts. Es fühlt sich voll oder leer an, rau oder kuschelig, kalt, warm, lau. Ich weiß nicht mehr, wann das Licht der Welt wieder bei mir anklopfte. Irgendwann öffnete ich die Tür meines Lebens und war bereit, die Dimension der Unsichtbarkeit zu erkunden.

SUSANNE KRAHE 

Gefunden im Andere Zeiten Kalender 2020, 28. Dezember

So würde sich - positiv gedacht - eine Weisheit bewahrheiten, dessen Grund sich womöglich in "altem Denken" finden lässt (oder durch altes Denken hindurch?): "Nur wer bereit ist, alles Gewohnte und Liebgewonnene zu verlieren, macht sich auf zu neuen Wegen". Darin allein findet sich keineswegs noch Heilung, der neue Weg jedoch wäre das Ziel jedweder dienstbaren, pflegenden, vielleicht gar heilsamen Therapie. 

Mut erfordert der erster, kleine Schritt allemal. Mut zum Leben. Lebensmut. Erst im Rückblick wird seine Bedeutung sichtbar werden. Nur Mut! 








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