Vom Fasten zur Schöpfung - neu gehört und unerhört - in progress

Fasten bedeutet Veränderung. Zunächst einmal, und geniun, Verzicht; bewusstes "Auslassen" von Alltag. Von Gewohnheiten, Gedankenspielen, Routinen. Abzulassen einmal wieder von dem, was wir in der Erfahrung des Lebens an "Wissen" angehäuft haben und was schal zu werden droht, wenn es nicht mehr "fließt". Wie Wasser, das zu lange steht, irgendwann "faul" wird, wenn es steht. Weil, wenn es fließt, ist in ihm schon längst wieder neues Leben entstanden ist, während wir, wo wir noch stehen, immer wieder von reinem, klaren Wissen sprechen, ganz so, wie wir es gerne sehen wollen; und es deshalb für uns selbst und gegenüber den Anderen solange wiederholen, bis wir unser Wissen als festen Glauben wie in  Zement eingegossen wissen. Heißt aber glauben nicht, wenig bis nichts wissen? 

Fasten. Zurücklassen. Umkehr. Neu leben. 

Der Glaube an die Ewigkeit des Lebens aber entsteht, vollzieht und erschöpft sich in Kreisen, Zyklen und in zu Ende kommenden Prozessen, im gleichen Moment, in dem sie neu entstanden sind, werden sie zu Neubeginn und Weg. In jedem dieser Zeitabschnitte lebt die Schöpfung weiter, lässt entstehen, vollzieht sich und kommt wieder an ein Ende in Erfüllung hin zum Leben. Indem sie sich, und wir in ihr, in einen neuen Zeitabschnitt wandelt und diesem wiederum zum Ursprung wird und ihm gleichzeitig auch zum Ziel, weil alles ist bereits mit dem Schöpfungsgeschehen "gesagt". 

All dieses sich wandelnde Leben behält seine Wirkung und bleibt durch sich selbst hindurch erhalten, bis in das endgültige Vergehen der Zeit, bis an den jüngsten Tag, an den die Schöpfung an ihr Ziel kommen wird. Wir können es nicht klar sehen, aber erleben es doch umso mehr jeden Moment neu, wenn wir genau schauen. Und immer MUSS gelten: Wir wissen es nicht. Nicht so, wie wir wollen. Aber wir werden es erfahren, weil es sich in uns selbst erfüllen wird. 

Ganz wie sich auch das "wirk-liche" Leben erst in der Erfahrung an Leben "Er-schöpfen" lässt. Alles vorher Gehörte, Gelesene, Erzählte, Geschöpfte, Vollzogene, gerät durch den Verzicht auf das Gewohnte im Alltag in eine neues Licht. Jedes Mal wieder auf ein Neues. In Bezug auf das zeitliche Geschehen: in jedem Jahreskreis, jedem Fasten, jedem Tag offenbart sich die Morgenröte eines möglichen Neubeginns (Im Anfang) und vollzieht sich (Gott schuf) im Kreis bis zum Abendrot (Gott sah, dass es gut war) mit dem wesentlichen Bestandteil der verdienten Ruhe nach den Anstrengungen des Weges (es wurde Abend und es wurde Morgen). Zwischen Morgenröte und Abendrot steht im tiefsten Blau ewig: Himmel. Ein jeder Tag findet seinen Höhepunkt in der Heiligung der Tat und des Zeitabschnitts. Und jeder, der diesen Kreislauf im Bewusstsein des (selbstständigen) "Schöpfens" vollzieht, vollbringt mit und in ihm das Wort. Das Wort, durch das Gott Licht geschaffen hat, indem er Licht von der Finsternis geschieden hat, und gewinnt so Anteil an der Schöpfung und seinem Schöpfer, der Anfang und Ende, Α+Ω, gemacht hat und einst vollendet haben wird. 

Der Weg muss ein Weg des Mutes vom Herzen her und der Zuversicht sein, damit sich die Schöpfung, des Schöpfers Wort erfüllen kann (Im Anfang war das Wort). Sonst droht das Leben sich selbst zu verfehlen. Aber selbst in dieser "Verfehlungen" bleibt alles erhalten und wird einmal, gewandelt, zu Neubeginn. So muss zwingend alles "gut" werden. Gut, - nicht unbedingt im Sinne einer menschlichen Vernunft - aber gewiss im Sinne der Schöpfung, wie sie sich im jüngsten Tag einst vollzogen haben wird. 

Im Folgenden, aus aktuellem Anlass im Fasten des Lebensstroms, die Schöpfungsgeschichte einmal anders erzählt; gewendet, gewandelt, voller Leben und Hoffnung, Zuversicht und Liebe. 

gefunden im Fasten-Wegweiser 2021 Andere Zeiten (www.anderezeiten.de) 


Der I.Schöpfungstag 

Am Anfang war noch nichts gut. Denn es war noch nichts - außer Finsternis. In dieser Zeit, die noch keine war, trat Gott aus seinem Geheimnis heraus und begann, der Dunkelheit einen Lichtmantel zu schneidern. Er wollte die Finsternis kleiden. 

In den Stoff flocht Gott sich selbst mit ein. Er sponn den Faden der Liebe und verwob ihn mit dem Faden der Gerechtigkeit. Geduldig, Reihe um Reihe. Zeit war genug, denn sie war noch nicht. Er vermaß die Finsternis und schnitt aus dem Stoff - es war viel zu viel geworden - die richtige Größe heraus. Es fehlte noch der Saum, den er mit dem goldenen Zwirn der Wahrheit umnähte. Der Mantel sollte nicht ausfransen mit der Zeit, die nun beginnen würde. 

Der Staub funkelte verheißungsvoll, als Gott den Lichtmantel noch einmal ausschüttelte. Dann legte er ihn um die Finsternis und siehe: Er passte genau! So wurde aus Finsternis Licht. Seitdem leuchtet es in alle Dunkelheiten. Gott war zufrieden. Denn es war gut. 

OLIVER SPIES 




Der II. Schöpfungstag 

Das Meer hörte Gottes Stimme. Es ist nicht so, dass das Meer machtlos wäre. Es rauscht, tobt und verschluckt. Doch Gottes Wort war stärker. Es zog eine Feste ein, trennte die Wasser in ein Oben und Unten. Das Meer fragte nicht, warum. Es gehorchte und staunte. Es hatte jetzt ein Gegenüber. Gott nannte es Himmel. Dazwischen: Weite und Raum. Leer war der, luftig und frei. Für alles, was Gott ins Leben rufen wollte. Und er fasste das Meer ein. So zeigte sich etwas, das vorher nicht zu sehen gewesen war: Erde. Eine Basis für alles, was Boden unter den Füßen braucht, Wurzelhalt, Keimstille, Brutwärme. Und es war gut so. 

SABINE HENNING 




Der III. Schöpfungstag

Gott sammelte das Wasser, dass keiner nasse Füße kriegt, 
und legte in die Erde seinen Samen hinein, 
dass aufgehen mögen Silbergras und Goldrand-Segge, 
Heikos Liebe zu Olga,
das erste Wort der Babys, 
die Friedensverhandlungen in Kabul und am Küchentisch, 
Mut für Herrn Kleingarn, der über sich hinauswächst eines Tages, 
dazu die unzählbaren Träume.
Alle Anfänge der Welt schlummern darin. 
Einer davon keimt an einem Morgen im März, vielleicht auch im April. 

SUSANNE NIEMEYER 




Der IV. Schöpfungstag 

Jetzt kam Bewegung in das Ganze. Sonne, Mond und Erde verknüpften sich zu einem austarierten Mobile, schufen Tag und Nacht, die Jahreszeiten, Monate und Jahre. Aus der endlosen Ewigkeit wurde etwas radikal Neues geboren: der Kreislauf. Kein Ereignis sollte einmalig sein und verschwinden, als wäre es nie gewesen. Alles, was nun passierte, war aufgehoben in einem heilsamen Rhythmus aus hell und dunkel, Ebbe und Flut, Samen und Frucht. Das Geheimnis des Lebens - es war gut. 

FRANK HOFMANN


Der V. Schöpfungstag

Gott hat allen Platz der Welt. Und er liebt Bewegung.
Er dachte sich: Was lebt, braucht Freiheit. So ließ er den Rochen durchs Meer gleiten und die Goldstriemen schwärmen. Er ließ den Bussard schweben und die Bienenelfe schwirren. Er ließ Fische und Vögel ihre eigenen Wege finden. Sie waren unterwegs ohne Erdenschwere, dafür mit Auftrieb und Aufwind. Und er versprach ihnen, dass er es auf immer und ewig gut mit ihnen meint. So begannen sie zu tirilieren und balzen, zu laichen und brüten. Under freute sich.
Es war so gut. 

SABINE HENNING


 
Der VI. Schöpfungstag

Und es ist gut. Ein jedes nach seiner Art. 

Das Wombatjunge lebt nach der Geburt acht Monate im Beutel der Mutter.
So ist es eben seine Art. 

Die Hufeisennase sieht ihre Wohnung meist über Kopf und ist eine großzügige Mitbewohnerin. 
So ist es eben ihre Art. 

Der grellbunte Pfeilgiftfrosch wohnt in den höchsten Baumkronen des Regenwaldes und ist für Feinde ungenießbar. 
So ist es eben seine Art. 

Das Chamäleon kommuniziert mit seinen Artgenossen, indem es die Farbe wechselt. 
So ist es eben seine Art. 

Das Kamel kann in 5 Minuten mehr als 100 Liter Wasser trinken und speichert Fett in seinem Höcker. 
Soistes eben seine Art. 

Der Esel begibt sich bei Stress oder Gefahr nicht auf die Flucht, sondern bleibt wie angewurzelt stehen. 
So ist es eben seine Art. 

Der Mensch lernt gern und beobachtet genau. Er ist ein geschickter Erfinder und Bastler. 
So ist es eben seine Art. 

Ja, es ist sehr gut. 

LINDA GIERING




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