Wünsche für mein Patenkind

Lieber XXXX,

Siebzehn Jahr! Herzliche Glückwünsche! Möge es das Leben immer gut mit Dir meinen.

Es war kaum gestern - so fühlt es sich jedenfalls an -, dass Deine Eltern mich fragten, ob ich mir vorstellen könne Pate für Dich zu sein; ich nahm diese Bitte mit großer Freude an. Zeigte es mir doch, dass ich bei deinen Eltern einen Vorschuss an Vertrauen genoss. Mich machte dieser Umstand glücklich und hat für mich eine eminent wichtige Bedeutung. Wohl weit mehr als für Dich. Du bist damals zwarvsicher ebenfalls gefragt worden, ob ich Dein Pate werden solle; aber, wusstest Du damals in so jungen Jahren, weißt Du es jetzt, ob Patenschaft für Dich eine Bedeutung haben würde? Ich könnte vermuten: wenig bis keine wirkliche (im Sinne des Wortes). Bestenfalls würde die Entscheidung Deiner Eltern für mich, Dein Vertrauen auf die Eltern und das Deiner Eltern auf mich, kohärent sein. Wenige Jahre später wäre die Wahl vermutlich auf XXXXXX gefallen. Aber wer weiß das schon? 
Jetzt ist XXXXX wohl Dein Mentor und engste Freund der Familie. Ich wurde zu Deinem Paten und zähle mich auch daher selbstverständlich für immer als Freund Deiner Familie. Jeder erhält vom Leben eine Rolle, die er spielen soll. Und wie in einem Rollenspiel wachsen in Beziehungen Freundschaften. 

Durch die Patenschaft fühle ich mich Dir und Deiner Familie tiefer verbunden. Würde Deinen Eltern etwa etwas Schlimmes zustossen, ich wäre ganz sicher gefragt, mich - neben Deiner weiteren Familie - um Dein Fortkommen zu kümmern. In weniger sicheren Zeiten war die Rolle des Paten oft eine sehr wichtige. Heutzutage darf sich Patenschaft mehr in Symbolik erschöpfen. Eine Symbolik, die durchaus aber wichtig für gesellschaftlichen Zusammenhalt ist. 

Sie kann wie ein unsichtbares Band wirken. Patenschaft kann ein solches Band sein und ist daher ein Geschenk für die Gemeinschaft. Dieses Band war in unserem Falle nie einer substantiellen Prüfung, einer Zerreißprobe, ausgesetzt; dies darf gerne so bleiben. Es darf sozusagen für immer unsichtbar bleiben. Unsichtbar wie so viele Dinge, die in uns dennoch Wirkung entfalten. 

Sind diese Gedanken weit hergeholt? Ich meine: nein, aus dessen ureigentlichem Grund nicht. Aber es soll hier nicht um mich und meine Sorgen gehen und kreist dich um meine Sorgen. Weil es um Dich geht, meinem Patenkind. Heute an Deinem Geburtstag umso mehr. Siebzehn ist - aus eigener Reflexion geschlossen - kein Alter, in dem man besonders aufgeschlossen sein wollte gegenüber solch seltsam anmutenden Gedanken. Dennoch will ich sie Dir ans Herz legen. Sie sollen auch dazu ermuntern, Dich von der gewiss gut gemeinten Liebe Deiner Eltern frei zu machen. Es geht jetzt um Dich, selbst wenn Du stets im Kreise Deiner Familie eingebettet sein darfst. Im bergenden Schoß der Familie sozusagen - eine schöne Metapher, solange sie den antagonistischen Gedanken von Freiheit in sich zubtragen bereit ist. 

Es kann durchaus schmerzhaft sein,  "Erwachsen werden". Aus sich selbst heraus "er-wachsen". Bleib ruhig ganz bei Dir! Seelenruhig! Du trägst das Erbe Deiner Mutter und Deines Vaters und deren Familien und deren Umfeld. Hoffnung, Glaube, Liebe. Talent. Leidenschaft für gewisse Dinge. Auch mit welchen Augen man in die Welt blicken kann, haben sie vor Dir, für Dich, hergetragen. Sie sind längst in Dir zu einer neuen, noch sehr offenen Einheit geworden. Vielleicht aber hast Du darin auch etwas von deren Ängsten und Abgründen erfahren müssen. Solche weisen wir alle auf. Niemand nicht. Mal mehr, mal weniger. Mit zunehmenden Alter drängen sie sich in der Regel zudem in den Vordergrund als eine Art Spiegel zur eigenen Seele. Mach Dich aber frei davon, ohne den Kontakt deshalb aufs Spiel setzen zu müssen! Du darfst frei sein, auszuwählen von dem, was Dir geschenkt wurde, was sich bei Dir gut anfühlt, und das zu fürchten, was nicht sosehr Deins werden soll. Sofern es dies nicht schon längst geworden ist. Du darfst widerständig, ja überkritisch sein! Dabei bin ich mir sicher: Du wirst das Band, das Dich mit Ihnen, mit uns allen verknüpft, niemals aufgeben wollen. Deine Wurzeln sind gesund. Ich selbst habe zu wenig Kenntnis über die Tiefen Deiner Herkunft; ich habe aber ein gutes Gespür dafür. Und gewiss darfst Du Dich ihrer versichern. Sie stehen Dir ohnehin gut zu Gesicht. 

Alle Beziehungen sind wie unsichtbare Bänder, die uns binden. Wie das Band zwischen uns und Deinen Eltern. Kinder lernen von ihren Eltern. Und Eltern dürfen auf andere Art und Weise ebenso viel von ihren Kindern lernen. Widerum im Spiegel ihres eigenen Seins. Als Geschenk für jeden in der Gemeinschaft und für die Gemeinschaft.

Sprache, reich an Metaphern, wie ich sie liebend gerne verwende, mag nicht jedermanns Sache sein; sie soll uns gut tun und Seele und Geist miteinander in Einklang bringen. 

Zum Schluss noch ein Bonmot zum Schmunzeln aus der Feder von Paul Watzlawick, eines tiefgründigen Kommunikationsforschers: "Menschliche Reife ist das Richtige zu tun, selbst wenn es die Eltern empfohlen haben." Zeiten ändern sich und damit ändert sich auch vieles. Nicht jedoch Humor. Möge er sich zunehmend in uns entfalten. Das individuelle Leben an sich ist in nichts wichtiger, als dass es sich in gebührender Zeit unbeschwert zur individuellen Freiheit entfalten kann. Mit der Bereitschaft zum Lachen und zum Schmunzeln. Den Mut hierzu sollten wir uns niemals nehmen lassen!

Um es mit dem wohlwollenden wie humorvollen Blick Watzlawicks zu wandeln: "Die Reife eines Patenkinds zeigt sich darin, dass er über die Sorge seines Paten lachen kann ohne dessen Sorge deshalb ablehnen zu müssen

Alles Liebe. Alles Gute. Lass die Korken knallen!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Hochzeit Max&Nadine

Der Schleier des Nichtwissens; Bob Dylans lyrische Prophetie (i.p.)

Der Teufel fährt aus frauJEDERmann - und ist doch noch nur eine vage Idee vom Geschehen...